Nr.1 Sommerferien im Dezember

Hallo ihr Lieben,

 

Ich melde mich wieder aus dem inzwischen sehr heißen Sucre. Wir haben täglich, wenn es nicht gerade regnet oder gewittert, bis zu 30°C und knallenden Sonnenschein. Jedes Mal wenn ich Fotos des verschneiten Deutschlands sehe tut mir das richtig im Herzen weh, denn Weihnachten bei so einer Hitze ist doch etwas ungewohnt…

Auch im Musuq Sunqu liefen in letzter Zeit die Weihnachtsvorbereitungen auf Hochtour. Einige unserer Kinder haben Paten in Deutschland, die sie finanziell unterstützen. Diese Kinder verehren ihre deutsche Familie und schicken ihnen auch jedes Jahr zu Weihnachten eine selbstgebastelte Karte mit schönen gemalten Bildern und einem Foto des Kindes. Diese Fotos durfte ich dieses Jahr machen und es sind echt ein paar sehr schöne Fotos entstanden, die die Lebensfreude und Freundlichkeit der Kinder wunderbar zeigt:

Viele Kinder haben allerdings noch keine Paten, falls ihr also zu Weihnachten noch eine gute Tat vollbringen wollt oder ihr auch einfach unbedingt eine schöne Karte mit Fotos aus Bolivien erhalten wollt, dann könnt ihr euch einfach bei mir melden und wir freuen uns wenn wir noch mehr Kindern mit Paten beschenken können.

 

Diese Woche war jetzt auch die letzte Woche im Musuq in diesem Jahr, denn es haben hier schon die Sommerferien begonnen und diese Woche gab es Ferienprogramm für die Kinder. Wir haben also mit ihnen Schmuck für den Weihnachtsbaum gebastelt, haben einen Tag einen Ausflug in den zentral gelegen Parque de Bolívar gemacht, dort gibt es nämlich einen riesigen Dinosaurierspielplatz für Kinder, und natürlich gab es auch einen Putztag, an dem die Kinder nicht nur die Tische und Stühle, sondern auch sich selbst ordentlich eingeseift haben.

Das absolute Highlight war allerdings der letzte Tag, Donnerstag. Das ganze Musuq wurde weihnachtlich geschmückt und mittags sind dann alle Eltern und alle Geschwister der Kinder zum gemeinsamen Weihnachts-Mittagessen gekommen. Alle haben gut und viel gegessen, haben gelacht, sich unterhalten und einfach eine gute Zeit gehabt. Als das Mitttagessen vorbei war wurden alle Sitzplätze nach draußen in den Hof getragen, damit auch jeder wirklich gut zuschauen kann, wie die Kinder in unterschiedlichen Gruppen Chuntunquis tanzen, den typischen Weihnachtstanz Sucres, bei dem auch ein wichtiger Bestandteil ist, dass die Männer zum Purzelbaum aufgefordert werden! Wen es interessiert, wie der Tanz denn wirklich aussieht, klickt einfach auf den Link: https://www.youtube.com/watch?v=PZMbIeImkMI . Die Stimmung war also absolut bombig, der Tanz ist auch unglaublich fröhlich und alle haben entweder mitgetanzt oder mitgeklatscht. Was vor allem mich besonders gefreut hat, war, dass mein Orchester extra nach Lajastambo gefahren ist, damit die Kinder zu Live-Chuntunquis-Musik tanzen konnten und mein Dirigent hat ihnen auch noch alle Instrumente erklärt und einige durften sich mit Rasseln auch mit ins Orchester setzten und mitspielen. Dann haben auch nicht mehr nur die Kinder getanzt, sondern auch die Eltern haben perfekt den Chuntunquis-Tanz hingelegt und es gab für die besten drei Tänzer auch Preise wie Mehl, Zucker und Brot zu gewinnen!Nach den Tänzen kam dann die Bescherung: Erst haben die Kinder ihre Geschenke wie Spielzeugautos, Springseile, Puppen, Dinosaurier und Süßigkeiten bekommen, danach waren aber auch die Eltern dran. Jede Familie hat eine große Waschwanne voller Mehl, Zucker, Kuchen, Getränken und Shampoo/Putzmittel bekommen. Alle Familien saßen also glücklich beschenkt zusammen mit ihren Kindern, haben gespielt und dankbar ihre Geschenke begutachtet. Es war unglaublich schön diese glücklichen Familien zu sehen. Diese ganzen Geschenke waren auch nur möglich durch Spenden, wofür ich mich nochmal herzlich bei allen bedanken möchte!

Die Weihnachtsfeier war also ein voller Erfolg, auch ich habe einen schönen Geschenkekorb von meinen Arbeitskollegen bekommen, denn das Musuq wurde jetzt geschlossen bis zum 28. Januar wegen der Sommerferien. Ich hab jetzt also erstmal 1 1/2 Monate Ferien!

 

Mit meinem Orchester haben wir aber nicht nur im Musuq für die Kinder gespielt, sondern wir fahren jetzt im Dezember in alle möglichen Barrios um dort für die Kinder in anderen Projekten zu spielen. Neulich haben wir auch im CEMVA, einem weiteren Projekt des BKHWs gespielt.

Aber nicht alles war so erfreulich in den letzten paar Tagen. Vorgestern wurde mir im Micro mein Geldbeutel mit meinem bolivianischen Ausweis geklaut. Ich saß in einem fast leeren Bus, als eine Frau und ein Mann eingestiegen sind. Die Frau hat sich direkt hinter mich gesetzt, der Mann neben mich. Ich habe mir dabei jedoch nichts gedacht und habe weiter Musik gehört. Als dann die Frau aufgestanden ist um auszusteigen hat sie „ausversehen“ all ihr Kleingeld über mich drüber geleert. Während ich der „armen Frau“ geholfen habe alle Münzen einzusammeln habe ich schon gesehen, dass der Mann neben mir seinen Ordner in der Hand über meine Tasche gelegt hatte und auch so getan hat als würde er Münzen suchen. In Wirklichkeit aber war er währenddessen mit seiner Hand in meiner Tasche und hat meinen Geldbeutel genommen… ich hatte sehr Glück, dass er mir nicht auch noch mein Handy aus der Hand gerissen hat. Als ich diese Geschichte meiner Spanischlehrerin erzählt habe wurde mir sofort gesagt, dass so etwas vor allem um Weihnachten herum sehr oft passiert. Einige schütten ihre Münzen auf dich um dich abzulenken, andere aber auch Getränke oder spucken dir sogar ins Gesicht. Ich hatte also noch Glück im Unglück.

 

Ein weiterer, etwas weniger schöner Punkt sind die vielen Demonstrationen gegen den Präsidenten Evo Morales. Nach der bolivianischen Verfassung sind eigentlich maximal zwei Amtsperioden eines Staatschefs möglich. Evo Morales ist derzeit bereits zum dritten Mal an der Spitze Boliviens - dank einer großzügigen Auslegung der Verfassung. Trotz eines Verbots will er jetzt erneut antreten. Denn es geht nicht nach dem Volk, welches 2016 in einem Referendum mit einer knappen Mehrheit Nein zur erneuten Wiederwahl gesagt hatte, sondern es geht nach den obersten Richtern des Landes. Somit hat ihn jetzt seine sozialistische Partei MAS zum vierten Mal als ihren Kandidaten für die Wahl 2019 ins Rennen schicken können. Aus diesem Grund entstehen immer wieder Unruhen, Streiks und Straßenblockaden, mit denen sie sich gegen die Taten Evo Morales wehren wollen.

In diesem Plakat zum Beispiel sagen sie: Ich würde lieber sterben, als immer gebückt zu leben.

Jetzt fällt mir leider keine gute Überleitung ein, darum beginne ich einfach so euch von dem nächsten und letzten Punkt meiner Liste zu erzählen.

Letzte Woche war in Bolivien „Tag des Freiwilligen“, deswegen sind wir alle Freiwilligen samt Koordinatoren in ein winzig kleines Dorf namens Cajamarca gefahren, welches etwa mit dem Bus und Wanderung etwa 2 Stunden von Sucre entfernt ist. Dort haben wir die Tage in einem Jugendzentrum mitten im Nirgendwo verbracht. Wir sind freitags angekommen, haben das riesige Matratzenlager bezogen und uns im Wohnbereich einen schönen Spieleabend mit gutem, selbstgekochten Essen und live-Gitarrenmusik gemacht. Am Samstag hat ein Teil der Gruppe eine große Wanderung gemacht, ich bin mit ein paar Freunden und den Koordinatoren beim Haus geblieben, haben Frisbee gespielt, etwas die Umgebung erkundet und für die Wanderer gekocht. Außerdem gab es auf dem Gelände eine riesig lange Seilbahn, wie es in klein auch auf manchen Spielplätzen gab. Auf dieser Flying Fox Bahn haben wir auch viel Zeit verbracht und unglaublich Spaß gehabt. Nachtmittags sind wir dann zum nahegelegen Fluss runtergewandert und haben am Abend alle zusammen am Lagerfeuer gesetzten, bisschen Nachos gegessen und mit Babykatzen des Zentrums gekuschelt. Es war also für alle ein schönes Wochenende, nur leider nicht für Antonia. Sie ist in der Nacht auf Samstag so krank geworden, dass sie die zwei Tage ohne essen und trinken, nur schlafend im Matratzenlager verbracht hat. Darum war für sie leider auch die Wanderung zurück nach Sucre nicht sonderlich angenehm. Obwohl das Wetter super war und wir durch wunderschöne, grüne Landschaft gewandert sind, mussten wir Antonia ihre Sachen abnehmen, sie immer wieder ein bisschen stützen und möglichst schnell wieder in den Schatten kommen, sonst hätte sie wahrscheinlich noch einen Hitzschlag bekommen. Wir alle waren also ziemlich k.o., als wir endlich wieder zuhause in Sucre waren.

Es waren aber trotzdem super schöne Wochen und ich freue mich schon darauf euch von den nächsten Ereignissen berichten zu können. Bis bald und eine wunderschöne Adventszeit!


Nr.2: Feliz Navidad a todos!

Jetzt ist schon der 26. Dezember, ich habe also schon mein erstes Weihnachten in Bolivien verbracht, wovon ich euch heute berichten will.

Die erste kleine Weihnachtsfeier hatten wir mit allen Freiwilligen Sucres und allen unseren Koordinatoren in der Officina des BKHWs zusammen. Ich habe davor den ganzen Tag damit verbracht Plätzchen für alle zu backen und auch die anderen haben alle etwas zu essen mitgebracht. Wir haben untereinander gewichtelt, das bedeutet jeder hat davor einen Namen gezogen und im Geheimen dieser Person ein kleines Weihnachtsgeschenk besorgt. Die Stimmung war also sehr weihnachtlich mit Heißer Schokolade, Glühwein, Plätzchen und natürlich auch Panetón, dem typischen Weihnachtskuchen Boliviens.

Der zweite Punkt, der uns auch schön in Stimmung gebracht hat, war eine Art Weihnachts-Entrada. Alle möglichen Gruppen haben sich als Weihnachtsmänner, Heilige Drei Könige oder auch einfach in der typischen Tracht verkleidet und haben wie wild Chuntunquis die Straßen auf und ab getanzt. Von den großen Wägen mit lebendigen Krippen darauf wurden Süßigkeiten und andere Kleinigkeiten in die Menge geworfen, wobei man unglaublich schnell reagieren musste, wenn man etwas bekommen wollte, denn überall waren Hände die es für sich gewinnen wollten. Sogar das schlechte Wetter mit Regen konnte die Tänzer nicht davon abhalten barfuß zu tanzen und auch der typische Purzelbaum des Tanzes wurde dann eben einfach durch die Pfützen auf der Straße gemacht.

Ein weiterer Punkt des jährlichen Weihnachtsfestes in Bolivien ist, dass unzählige Familien der Landbevölkerung in die Städte kommen, denn dort kaufen die städtischen Familien und auch Organisationen Unmengen an Essen und Spielzeugen, die dann an die arme Landbevölkerung verteilt wird. Es fahren auch große Trucks durch die Barrios und die naheliegenden Dörfer und werfen den am Rand stehenden Kindern Essen, Süßigkeiten und Spielzeug aus den Fenstern und Ladeflächen zu. An einem Punkt im Zentrum von Sucre wurde sogar in riesigen Töpfen und Pfannen gekocht, denn jeder konnte sich umsonst das typische Weihnachtsessen Picana holen, weswegen auch unzählige Menschen auf dem Platz rumgewuselt sind. Zwischendurch wurde immerwieder mal von Kindergruppen Chuntunquis getanzt und auch Spenden wurden an soziale Projekte und Einrichtungen verteilt.

Heilig Abend an sich war denn etwas unspektakulärer. Da es für mich schwierig war, bei ca. 25°C und umgeben von Palmen in Weihnachtsstimmung zu kommen, war dann auch der ruhige Abend sehr schön. Ich war mit meiner Gastmutter in der Christmette, in welcher wir alle Kinder des damaligen Projektes meiner Schwester getroffen haben. Ich wurde also nicht nur vom Pfarrer gesegnet, sondern auch umarmt von etwa 40 kleinen Mädchen! Danach sind wir dann gemütlich nach Hause gelaufen, haben uns ins Wohnzimmer gesetzt, Weihnachtsmusik gehört, heiße Schokolade getrunken und ganz viele Plätzchen gegessen. Es gab nämlich nicht nur bolivianisches Gebäck, meine Gastmutter hat nämlich extra noch Vanillekipferl, Lebkuchen und Spekulazius gebacken. Wir haben alle zusammen auf den 25. Dezember gewartet, sind dann ins Bett und haben uns am nächsten Tag zum großen Weihnachtsessen mit der ganzen Familie getroffen. Mein kleiner Gastneffe hat allen ihre Geschenke zugewiesen und wir haben noch auf das Jesuskind angestoßen.

Das war aber für mich auch schon alles, was die besinnlichen Weihnachten angeht. Direkt nach der Bescherung bin ich nämlich mit vier weiteren Freiwilligen und etwa 15 Bolivianern auf einem Lastwagentransporter in das Städtchen Serrano, etwa 4 Stunden weg von Sucre, gefahren. Wir haben die Ladefläche des Lasters komplett mit Matratzen und Decken ausgelegt und sind dann so die vier Stunden durch wunderschöne, grüne Natur gefahren, was uns erstmal völlig den Atem geraubt hat, denn so viel Grün haben wir schon ewig nicht mehr gesehen. Wer den Blick noch mehr genießen wollte, hat sich einfach oben auf das Dach der Fahrerkabine gesetzt. Schon allein die Fahrt dorthin war also absoluter Spaß, es gab live-Musik mit den typischen bolivianischen Flöten, viel Essen, ein gemütliches Matratzenlager und super Aussichten! Abends sind wir dann in Serrano angekommen, dort wird nämlich die Feiertage die ganze Nacht durchgetanzt und Musik gespielt. Wir haben also erst ein bisschen das typische Mais-Bier Chicha getrunken und uns dann auf den Straßen des Stätdchen rumgetrieben und einen sehr lustigen Abend gehabt. Sobald man müde war konnte man dann einfach zum am Straßenrand geparkten Truck zurückgehen und unter dem freien Himmel gut und gemütlich schlafen. Zwar nicht wirklich lange, denn mit so vielen Leuten klappt das leider nie, aber immerhin konnten wir schlafen :) Am nächsten Morgen haben wir uns dann Frühstück gesucht, haben uns am nahegelegen Flüsschen mit den Füßen abgekühlt, denn die Sonne hat voll runtergeknallt und wir wurden gegrillt wie Brathähnchen auf der Ladefläche. Die Rückfahrt war wieder durch wunderschöne Natur und wegen der vielen Kurven sind uns immer wieder Motorradfahrer begegnet, da musste ich auch immer an dich denken, Papa, das hätte dir so gut gefallen und unglaublich viel Spaß gemacht. Nach 5 Stunden Fahrt sind wir dann auch wieder nach Sucre, erschöpft, vom Fahrtwind zersaust, aber absolut glücklich, zurückgekehrt.

Das war also mein letzter, kurzer Bericht diesen Jahres. Weihnachten war dieses Jahr zwar etwas anders als ich es sonst gewohnt bin, aber es war auf jeden Fall ein neues Erlebnis. Ich freue mich aber schon auf nächstes Weihnachten wieder daheim bei meiner Familie.

Ich hoffe ihr alle hattet wunderschöne Festtage und wir sehen uns dann im nächsten Jahr.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Jahr 2019!

Feliz Navidad y próspero Año Nuevo 2019!


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